Was macht Disneys Eiskönigin Elsa auch 12 Jahre nach ihrem erstmaligen Erscheinen auf der Filmleinwand für kleine und große (und sehr große ☺️) Kinder so faszinierend? Lässt sich das therapeutisch nützen – und wenn ja, wie?
Auf moviepilot.de schreibt Hannah Schürkamp am 11.5.2025: „Kinder weltweit sind bis heute von Die Eiskönigin verzaubert und auch viele Erwachsene beherrschen den Titelsong fehlerfrei“[1] und verweist schließlich auf einen Artikel des Time Magazines aus dem Jahr 2015 („The Science of Why Your Kids Can’t Resist Frozen“), in welchem zwei Psychologinnen die Powerfigur mit den eisigen Superkräften ein wenig unter die Lupe genommen haben. Maryam Kia-Keating und Yalda T. Uhls sehen den Erfolg dieser Disney Figur in vier Aspekten begründet: Auch die Emotionen von Kindern sind stark, leidenschaftlich und manchmal verwirrend und für sie (und eventuell auch die Eltern) manchmal nicht so leicht zu regulieren. „When Elsa laments that she’s afraid that there’s ‚no escape form the storm inside of me‘, it resonates with young children“[2], stellen sie fest. Außerdem reagieren Kinder – und das ist ein weiterer Aspekt – mit ihrer blühenden Phantasie bewundernd auf faszinierende Fähigkeiten wie die der Eiskönigin. Zudem zeichnet den Film aus, dass darin die starke Verbundenheit der beiden Schwestern Elsa und Anna im Vordergrund steht und die Geschwisterliebe gezeigt wird, die beide noch stärker macht. Last but keinesfalls least ist der Power-Song „Lass jetzt los“ („Let it go“ im Original) ein Powersong, dem sich Jung und Alt kaum entziehen können. Viele Mädchen und Burschen, ob klein, ob groß, singen den Song mit, egal, ob sie den Text ganz kennen oder nicht, er hat offenbar eine (er)mächtige(nde) Wirkung. Dazu wurde in einem Interview auf kulturfeder.de Willemijn Verkaik, jene Musical-Sängerin, die Elsa sowohl in der deutschen als auch in der niederländischen Filmsynchronisation ihre Stimme geliehen hat (im Deutschen nur für den Gesang, im Niederländischen auch für die Dialoge) als auch die Titelrolle im Musical „Eiskönigin“ in Deutschland gespielt hat, gefragt:
„…Wie ergeht es dir bei der „Eiskönigin“, wenn Hunderte Kinder im Saal auf deinen Auftritt warten, weil du für sie „die“ Elsa bist?“ – „Das ist etwas Besonderes. Ich weiß natürlich, dass ich viele Kinder und auch Erwachsene begleitet habe mit meiner Stimme. Es ist über zehn Jahre her, dass ich für den Film im Synchronstudio war. Wenn die Musik von „Lass jetzt los“ beginnt, bekomme ich die Reaktionen aus dem Saal mit. Die Menschen lieben den Song, aber für manche ist es zusätzlich besonders, dass es die Originalstimme aus dem Film ist, die sie hören. Ich liebe es, dass Kinder so unglaublich ehrlich und spontan reagieren. An manchen Stellen lachen sie laut oder rufen ganz laut Elsa. Das ist toll, ich bekomme nach dem Song so einen fantastischen Applaus und schaue in viele strahlende Gesichter.“[3] Und im weiteren Verlauf des Interviews ist auch sie selbst fasziniert davon, wie viele Kinder die Lieder beherrschen. „…Wie erklärst du dir die anhaltende Begeisterung für den Stoff?“ – „Was ich mich dabei auch frage: Wie kann es sein, dass kleine Kinder noch gar nicht richtig sprechen, aber die Songs alle mitsingen können? Was ist das? Magie? Es ist eine sehr schöne Geschichte mit viel Herz und Emotionen. … Sie fiebern mit Elsa mit, dass alles wieder gut wird, weil sie für etwas verstoßen und ausgegrenzt wurde, wofür sie gar nichts kann.“[4]
Was stellt diese Figur also für uns bereit? Sie zeigt, dass Emotionen manchmal überwältigend sein können, man aber lernen kann, mit ihnen umzugehen. Gemeinsam mit Elsa können Kinder (und Erwachsene) lernen, dass es in Ordnung ist, „anders“ zu sein, und dass Emotionen und Fähigkeiten Ressourcen sind, die stark machen und sich nutzen lassen. Genau dafür lassen sich Filmfiguren wie Elsa, die Eiskönigin, besonders in der Arbeit mit Kindern gut nützen. Sie können als Metaphern für Stärke und zur Steigerung und Festigung des Selbstwerts eingesetzt werden und dabei unterstützen. Und für Erwachsene hält etwa die Songzeile „it’s funny how some distance makes everything seem small, and the fears that once controlled me can’t get to me at all“ (Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez, Let it go, Minute 1:31 bis 1:45) eine wichtige Botschaft bereit: Manchmal helfen Distanz und ein Perspektivwechsel dabei, einen Umgang mit seinen Ängsten zu finden.
Davon abgesehen ist es für eine Therapeutin wie mich manchmal ganz hilfreich, Elsa zu kennen (und zu mögen ☺️), um mit ihren kleinen Klient*innen gut in einen ersten Kontakt treten zu können. ☺️
[1] Https://moviepilot.de/news/expertinnen-erklaren-warum-der-hype-um-die-eiskoenigin-bei-kindern-schon-seit-12-jahren-anhaelt-1153811; letzter Zugriff am 21.7.2025
[2] Https://time.com/3656230/why-kids-cant-resist-frozen/; letzter Zugriff am 21.7.2025
[3] Https://www.kulturfeder.de/interview/willemijn-verkaik-1002184.html; letzter Zugriff am 21.7.2025
[4] Https://www.kulturfeder.de/interview/willemijn-verkaik-1002184.html; letzter Zugriff am 21.7.2025